Energieeffizienz: Mechanische Verfahrenstechnik mit großem Potenzial
07.03.2025 Produzieren Artikel

Energieeffizienz: Mechanische Verfahrenstechnik mit großem Potenzial

Mechanische Verfahren wie Fördern, Zerkleinern, Mischen und Trocknen sind wahre Energiefresser. Um wirtschaftlichen und ökologischen Anforderungen gerecht zu werden, setzen Unternehmen zunehmend auf energieeffiziente Maschinen und Komponenten. Auf der POWTECH TECHNOPHARM in Nürnberg werden auch dieses Jahr wieder innovative Technologien vorgestellt, die den Energieverbrauch und die Betriebskosten senken.

Rohrkettenförderer an einem Messestand auf der Fachmesse POWTECH TECHNOPHARM Mechanische Verfahrenstechnik umfasst viele energieintensive Prozesse – auch, weil große Massen bewegt werden müssen. Energieeffizienz ist deshalb oberstes Gebot.

Luft und Boden vibrieren, Wärme kriecht unter die Arbeitskleidung und der Lärm erschwert die Verständigung: Ob Lebensmittel, Waschmittel oder Baustoffe – wer schon einmal in einer Produktionshalle neben einem Mischer oder Trockner gestanden hat, spürt die enormen Energien, die hier wirken. Riesige Materialmengen werden nicht nur bewegt, sondern auch umgeformt.

Mischprozesse sind oft das Herzstück der Produktion. Um Produkte zu homogenisieren, ist viel Energie notwendig. Moderne Mischtechnologien setzen daher auf intelligente Antriebssysteme und optimierte Geometrien. Ein Beispiel ist der Gyraton-Mischer von Amixon. Diese Maschine verarbeitet Chargen von bis zu 70 m³ und benötigt dabei nur 5 bis 10 Prozent der Energie herkömmlicher Präzisionsmischer. Durch eine spezielle Taumelbewegung der Mischerwelle wird eine gleichmäßige Durchmischung auch bei niedrigen Drehzahlen erreicht. Die kompakte Bauweise reduziert zudem den Förderaufwand und spart zusätzliche Energie.

Blick in den Gyraton-Mischer von Amixon Der Mischer Gyraton erreicht auch bei niedrigen Drehzahlen eine gleichmäßige Durchmischung und ist besonders energieeffizient.

Doch nicht nur der Apparat selbst lässt sich bei Mischsystemen auf Energieeffizienz trimmen. Auch in der Peripherie gibt es Effizienzpotenziale. Der Mischerhersteller Eirich zeigt, dass auch bestehende Anlagen durch Modernisierung effizienter werden können. Bei Schönheider Guss wurde eine alte Steuerung durch ein Siemens S7-1515-System ersetzt, was eine präzisere Prozessführung und einen geringeren Energieeinsatz ermöglicht. Auch die Technologie für den Mischprozess und die Verteilung des Formsandes wurden umfassend modernisiert. Eine neue Feuchtesonde und eine überarbeitete Waage mit neuem Dosierorgan sorgen jetzt für eine optimierte und präzisere Wasserzugabe und ermöglichen eine gleichbleibend hohe Sandqualität. Das größte Augenmerk lag auf der Einführung der intelligenten Sandverteilung: Diese sorgt dafür, dass nur die tatsächlich benötigte Menge an Formstoff bereitgestellt wird.

Energieeffiziente Zentrifugen und Dekanter – Optimierte Trenntechnik

Zentrifugen und Dekanter sind essenziell für die Fest-Flüssig-Trennung, verbrauchen jedoch viel Energie, weil große Massen auf hohe Drehzahlen gebracht werden müssen. Neue Technologien setzen auf optimierte Antriebe und intelligente Steuerungssysteme. HEINKEL verzichtet bei der neuen BLUETECTOR-Schälzentrifuge auf hydraulische Antriebe. Stattdessen setzt der Zentrifugenhersteller auf ein rein elektrisches Antriebskonzept, das Reibungsverluste minimiert und gleichzeitig mehr Prozessflexibilität bietet. Laut Hersteller lassen sich so bis zu 50.000 kWh Energie pro Jahr einsparen. Ein optimiertes CIP-System reduziert zudem den Verbrauch von Wasser und Chemikalien um bis zu 35 Prozent.

Schälzentrifuge Bluetector von Heinkel vor einem dunklen Hintergrund Bei der neuen Schälzentrifuge von Heinkel minimiert das elektrische Antriebskonzept Reibungsverluste.

Wettbewerber ANDRITZ hat seine Dekanter-Zentrifugen mit der TurboJet-Weir-Platte ausgestattet. Diese reduziert den Strömungswiderstand des Flüssigkeitsauslaufs und kann den Energieverbrauch um 10 bis 30 Prozent senken – abhängig von den Betriebsbedingungen. Das GentleFeeder-System optimiert zudem die Zuführung der Suspension, wodurch weniger Energie für die Trennung benötigt wird.

Flottweg setzt bei seinen aktuellen Xelletor-Maschinen auf eine spezielle Gitterkonstruktion des Schneckenkörpers, die den Polymer- und Energieverbrauch bei der Entwässerung von Klärschlamm um bis zu 15 Prozent reduziert. In der Kläranlage Turku konnte durch den Austausch eines alten Rotors gegen einen Xelletor-Rotor der Energieverbrauch gesenkt und der Trockensubstanz-Gehalt des entwässerten Schlamms erhöht werden.

Energieeffiziente Kompressoren – Einsparpotenziale durch Wärmerückgewinnung und Wartung

Druckluft ist eine unverzichtbare Energiequelle in der industriellen Produktion, insbesondere für die pneumatische Förderung von Schüttgütern. Sie ermöglicht den schonenden Transport empfindlicher Materialien, wird in vielen Prozessschritten für Steuerungsaufgaben genutzt und ist essenziell für zahlreiche Maschinen. Allerdings ist die Erzeugung von Druckluft sehr energieintensiv und teuer: Bis zu 10 Prozent des gesamten industriellen Energiebedarfs entfallen auf Druckluftsysteme. Neben der Wahl eines energieeffizienten Kompressors bieten betriebliche Optimierungsmaßnahmen große Einsparpotenziale. Dazu gehören die Rückgewinnung der Abwärme, regelmäßige Filter- und Ölwechsel sowie die optimierte Steuerung von Druckluftnetzen.

Da ein Kompressor nahezu seine gesamte Antriebsenergie in Wärme umwandelt, kann diese gezielt genutzt werden – beispielsweise zur Beheizung von Produktionsräumen oder zur Unterstützung von Trocknungsprozessen. Kaeser setzt auf Schraubenkompressoren mit Wärmerückgewinnung, die bis zu 96 Prozent der eingesetzten Energie für Heizzwecke nutzbar machen. Fluidgekühlte Modelle geben etwa 76 % ihrer Energie über das Kühlfluid und weitere 15 Prozent über den Druckluftnachkühler ab. Dadurch lassen sich Heizkosten senken und CO₂-Emissionen reduzieren.

Infografik, die zeigt, dass sich 96 Prozent der bei der Drucklufterzeugung entstehenden Wärme nutzen lässt 100 Prozent der elektrischen Leistungsaufnahme eines Kompressors werden in Wärme umgewandelt. Davon stehen bei fluidgekühlten Schraubenkompressoren bis zu 96 Prozent zur Zweitnutzung bereit.

Auch regelmäßige Wartung kann entscheidend zur Energieeffizienz von Druckluftsystemen beitragen. Ein verstopfter Luftfilter kann den Stromverbrauch eines Kompressors erheblich erhöhen. Ein fabrikneuer Filter hat einen Druckverlust von etwa 10 mbar, doch mit der Zeit steigt dieser durch zunehmende Verschmutzung. Aerzen hat berechnet, dass durch regelmäßigen Filterwechsel Energiekosten von bis zu 10.000 Euro pro Jahr vermieden werden können. Hochleistungsöle wie Delta Lube 06 reduzieren zudem die Reibung und verlängern die Ölwechselintervalle auf bis zu 16.000 Betriebsstunden.

Maschinenhersteller setzen auf Nachhaltigkeit – Effizienzziele als Unternehmensstrategie

Nicht nur die Maschinen selbst werden immer energieeffizienter – auch die Hersteller setzen zunehmend auf nachhaltige Produktionsprozesse und interne Effizienzmaßnahmen. Unternehmen aus der mechanischen Verfahrenstechnik übernehmen Verantwortung für den Klimaschutz, indem sie gezielt ihren Energieverbrauch senken, CO₂-Emissionen reduzieren und nachhaltige Energiekonzepte umsetzen.

Hosokawa Micron ist Teil des „Lernenden Energieeffizienz-Netzwerks“ (LEEN), das Unternehmen dabei unterstützt, jährlich mindestens 5 Prozent Energie einzusparen. Maßnahmen wie hocheffiziente Kompressoren, Wärmerückgewinnung und digitale Energieüberwachung führen bereits zu deutlichen Einsparungen. Mit dem Energie-Monitoring-System GLEM 4.0 analysiert der Maschinenhersteller seinen Energiebedarf in Echtzeit, um gezielt Maßnahmen zur Effizienzsteigerung umsetzen zu können.

Der Maschinen- und Anlagenbauer AZO setzt im Rahmen seiner Nachhaltigkeitsstrategie auf einen energieeffizienten Betrieb seiner Produktionsstätten. Das Unternehmen bezieht an allen deutschen Standorten Ökostrom und betreibt eine eigene Photovoltaikanlage. Zusätzlich wird der Stromverbrauch durch moderne Technologien reduziert und Regenwasser für Lösch- und Sanitäranlagen recycelt.

Service-Mitarbeiter beim Nachfüllen von Schmieröl an einem Kompressor Regelmäßige Wartung von Druckluftsystemen ist ein wesentlicher Hebel zur Energieeffizienz.

Fazit: Energieeffizienz als Schlüssel zur nachhaltigen Produktion

Die mechanische Verfahrenstechnik bietet großes Potenzial zur Reduzierung des Energieverbrauchs. Ob Mischen, Trennen oder Fördern – in jeder dieser energieintensiven Anwendungen können durch moderne Technologien und optimierte Prozesse signifikante Effizienzsteigerungen erzielt werden. Innovative Maschinenkonzepte sowie gezielte Optimierungen in bestehenden Anlagen tragen dazu bei, den Energiebedarf zu senken und Betriebskosten zu reduzieren. Auch die Maschinenhersteller selbst setzen verstärkt auf nachhaltige Produktionsprozesse, digitale Energiemanagementsysteme und erneuerbare Energien, um ihre Effizienz weiter zu steigern.

Diese Entwicklungen zeigen, dass Energieeffizienz längst nicht mehr nur eine wirtschaftliche Notwendigkeit ist, sondern eine zentrale Rolle für die Zukunftsfähigkeit industrieller Prozesse spielt. Die kontinuierliche Verbesserung von Technologien und betrieblichen Abläufen trägt dazu bei, Ressourcen zu schonen, Kosten zu senken und den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren. Die POWTECH TECHNOPHARM verdeutlicht, dass dieser Wandel bereits in vollem Gange ist und Unternehmen vielfältige Möglichkeiten bietet, sich zukunftssicher aufzustellen.

Autor

Armin Scheuermann

Armin Scheuermann

Chemieingenieur und freier Fachjournalist