Konjunkturbericht Lebensmittelmarkt: Wie Hersteller 2025 wachsen können
10.01.2025 Food/Feed Artikel

Konjunkturbericht Lebensmittelmarkt: Wie Hersteller 2025 wachsen können

Preisbewusste Verbraucher, Inflation und wenig Wachstum – nach Absatzverlusten im vergangenen Jahr sind die Aussichten des deutschen Lebensmittelmarkts für 2025 verhalten. Auch die Kosten für Energie und Rohstoffe belasteten die Hersteller. Um ihre Umsätze zu steigern, müssen Hersteller Potenziale zielsicher identifizieren und Wachstumsbereiche schnell besetzen.

Eine Frau steht im Supermarkt vor einem Regal und betrachtet das Warenangebot Im Supermarkt sind Kunden in Deutschland Vielfalt und Qualität gewöhnt. Doch immer mehr Konsumenten kaufen preisbewusst ein. Lebensmittelproduzenten stellt das vor Herausforderungen.

Die deutsche Wirtschaft sucht weiter den Weg aus der Krise. Ist die Lebensmittelindustrie eine Ausnahme? Gegessen wird schließlich immer. Tatsächlich berichtet die Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie (BVE) im jüngsten Konjunkturreport für September 2024 leichte Umsatzzuwächse von 2,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dazu trug jedoch nur das Ausland bei – innerhalb Deutschlands ging der Umsatz zurück. Leicht zugenommen hat immerhin der Produktionsindex.

Von Milchprodukten und Fleisch über Obst und Gemüse bis hin zu Convenience Food, Süßwaren und Snacks: Die Heterogenität der Lebensmittelbranche zeigt sich schon bei der Preisentwicklung der Rohstoffe. Während die Erzeugerpreise bei Tierprodukten stiegen, fielen sie bei Pflanzenprodukten. Ähnlich divers stellen sich die Entwicklungen der verschiedenen Energieträger dar, die für die Lebensmittelproduktion einen der größten Ausgabenposten ausmachen. Beim Geschäftsklimaindex sieht der BVE unterm Strich jedenfalls eine eindeutig negative Entwicklung.

Um effizient zu produzieren, sind die Hersteller auf effiziente Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen angewiesen. Auch der Maschinen- und Anlagenbau tut sich im angespannten Marktumfeld der Lebensmittelproduktion schwer, die Geschäfte zu steigern: Im jüngsten Bericht des Fachzweigs Nahrungsmittelmaschinen und Verpackungsmaschinen meldet der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) einen Auftragseingang, der um 12 Prozent unter dem Vergleichswert des Vorjahrs liegt. Daran sei besonders die sinkende Nachfrage aus dem Inland schuld. Bestellungen aus Deutschland lagen demnach im letzten Berichtszeitraum September um 34 Prozent unter dem hohen Vorjahreswert. Dafür stiegen die Aufträge aus den Euro-Partnerländern um 38 Prozent über den Vorjahreswert, aus den Nicht Euro-Ländern sanken sie um 17 Prozent. In den ersten drei Quartalen 2024 verbuchten die Hersteller von Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen laut VDMA insgesamt 8 Prozent mehr Aufträge gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

Hoffen auf Wachstum im gerade begonnenen Jahr

Etwas optimistischer als die Verbände schätzen externe Beobachter die Lage ein. Zwar konstatiert auch die Analystenmeinung von Statista für den deutschen Lebensmittelmarkt derzeit nur geringes Wachstum, das durch veränderte Verbraucherpräferenzen, ein steigendes Gesundheitsbewusstsein und die zunehmende Beliebtheit von Online-Lebensmittelservices beeinflusst werde. Die Marktbeobachter prognostizieren für das gerade begonnene Jahr 2025 aber immerhin einen zunehmenden Umsatz von etwas über 231 Mrd. Euro. Bis 2029 geht die Prognose von einem Marktvolumen von 267 Mrd. Euro aus – das entspräche einem jährlichen Umsatzwachstum von 3,62 Prozent. Das größte Marktsegment in diesem Jahr soll voraussichtlich der Bereich Milchprodukte und Eier mit einem Marktvolumen von etwa 41 Mrd. Euro werden.

Der Anteil des Onlinehandels blieb 2024 weiterhin klein, doch er wächst kontinuierlich: von 3,3 Prozent 2023 auf 4,0 Prozent im vergangenen Jahr. Für 2025 wird weiteres Wachstum auf 4,7 Prozent erwartet. Ebenfalls bemerkenswert: Der Außer-Haus-Umsatz, der 2020 aufgrund der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie auf 38,3 Mrd. Euro eingebrochen war, hat 2024 mit 58,4 Mrd. Euro erstmals wieder die Summe von 2019 (54,6 Mrd. Euro) überschritten. Für 2025 wird auch hier weiteres Wachstum erwartet.

Der Anteil an Bio-Lebensmitteln hat infolge der allgemeinen Preissteigerungen durch Einflüsse wie die Corona-Pandemie und Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine in jüngster Zeit Einbußen erlitten. Er fiel 2021 und 2022 zwei Jahre in Folge. 2023 und 2024 wurden wieder Zuwächse erzielt, zuletzt lag der Anteil bei 8,3 Prozent. Von den nächsten Jahren erwarten die Statistiker ebenfalls nur leichtes Wachstum.

Wie Lebensmittelhersteller jetzt wachsen können

In Kundenpräferenzen wie dem Wunsch nach Bioprodukten, Nachhaltigkeit und regionaler Produktion sehen die Experten aber auch Chancen: zum Beispiel, indem Hersteller die Transparenz entlang ihrer Lieferkette erhöhen und regionale Kooperationen stärken. Auch Zertifizierungen für Bio- und Fairtrade-Produkte könnten zusätzliches Vertrauen – und Umsatz – schaffen. Die wachsende Nachfrage nach pflanzlichen Produkten und solchen mit Bio-Siegel können Hersteller erfüllen, indem sie ihr Produktportfolio erweitern, verstärkt Alternativen zu tierischen Produkten entwickeln und auf gesunde Rezepturen setzen.

Weiteres Potenzial bietet der wachsende Online-Lebensmittelhandel, der von Bequemlichkeit und Zeitersparnis angetrieben wird. Hier können vor allem Lebensmittelhändler punkten, indem sie verstärkt in digitale Plattformen und Lieferpartnerschaften investieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Traditionelle stationäre Geschäfte stehen dagegen vor der Herausforderung, ihre Geschäftsmodelle an die digitale Nachfrage anzupassen. Für die Hersteller von Lebensmitteln bietet sich langfristig immerhin die Chance, ihre Produkte direkt online zu vermarkten oder mit Lieferdiensten zu kooperieren, und so neue Zielgruppen zu erschließen.

Vor dem Hintergrund unter Druck geratener traditioneller Handelsstrukturen müssen Hersteller allgemein flexibler agieren und ihre Geschäftsmodelle an neue Marktbedingungen anpassen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. So schätzen immer mehr Verbraucher zeitsparende Fertigprodukte, die gleichzeitig als gesund und nachhaltig beworben werden können. Hersteller sollten deshalb in die Entwicklung von nachhaltigen, gesunden Convenience-Produkten investieren, die diesen Anforderungen gerecht werden.

Die teilweise enormen Preissteigerungen der vergangenen Jahre haben besonders Discountprodukte betroffen. Denn bei Premiumware hatten Hersteller größere Spielräume in der Preisgestaltung. Auch dieses Potenzial können Produzenten nutzen, indem sie Spezialitäten und innovative Produktideen entwickeln. Durch das hohe verfügbare Einkommen und die Bereitschaft der Verbraucher, für hochwertige Lebensmittel mehr zu zahlen, eröffnen sich im Premiumsegment Chancen. Ähnlich sieht es bei Aspekten wie fairen Arbeitsbedingungen, Senkungen des CO₂-Fußabdrucks und Ressourcenschonung aus. Hersteller sollten es hier nicht bei allgemeiner Kommunikation belassen, sondern diese Werte glaubwürdig umsetzen, um ihren Umsatz anzukurbeln.

Künstliche Intelligenz verspricht Effizienz und Innovation

Ein besonderes Potenzial, um die Effizienz und Innovationsfähigkeit in der Lebensmittelindustrie zu steigern, hat der Lebensmittelverband Deutschland Ende 2024 hervorgehoben. Die Entwicklungen in der generativen KI könnten helfen, neue Rezepturen zu entwickeln oder optimierte Produktionsprozesse vorzuschlagen, zitiert der Verband Christian Janiesch, Professor für Enterprise Computing an der TU Dortmund. „Generative KI ermöglicht es, Zutatenkombinationen und Produktionsmethoden zu entdecken, die den Wünschen der Verbraucherinnen und Verbraucher besser entsprechen und gegebenenfalls gleichzeitig kostengünstiger sind“, sagt Janiesch im Interview mit dem Verband. „Generell könnten Hersteller durch digitale Technologien Prozesse effizienter gestalten, Lieferketten transparenter machen und schneller auf Verbrauchernachfragen reagieren“, so der Forscher weiter. Um die Möglichkeiten effektiv zu nutzen, sei es allerdings nötig, dass Unternehmen die entsprechenden technischen, analytischen und organisational-strategischen Kompetenzen entwickeln.

Gegessen wird immer – deswegen ist die Produktion von Lebensmitteln aber längst kein Selbstläufer. Die Hersteller agieren in einem Umfeld, das von schwankenden Energie- und Rohstoffpreisen, wechselhaften Verbraucherstimmungen und starkem Wettbewerb geprägt ist. Die Prognosen für das gerade begonnene Jahr sind für den Lebensmittelmarkt besser als für andere Branchen. Produzenten, die die von Marktforschern und Verbänden identifizierten Potenziale nutzen wollen, müssen sich ihrer Stärken bewusst sein, Schwächen ausmerzen und agil bleiben, um Wachstumsbereiche zu besetzen – dann können sie die Bedürfnisse der Endverbraucher bedienen und stärker als der Markt wachsen.

Autor

Marius Schaub

Marius Schaub