Schüttgutmessung wird immer besser – und intelligent
Heterogenität, Staub, Feuchte und Verdichtung: Die Messung von Volumen und Gewicht von Schüttgütern ist alles andere als trivial. Welche Methoden zur Schüttgutmessung gibt es? Etablierte Verfahren und einige neue Ansätze stellen wir hier vor. Und kann Künstliche Intelligenz vielleicht auch die Schüttgutmessung optimieren?
Die Messung des Volumens von Schüttgut ist ein wichtiger Prozess in vielen Industrien, insbesondere in der Logistik, im Bergbau, in der Landwirtschaft und in der Baustoffindustrie. Ob Sand und Kies, Getreide oder Erz: Immer geht es darum, die Menge eines lose gelagerten Materials zu bestimmen.
Geometrie und Beschaffenheit können stören
Was einfach klingt, birgt dennoch Herausforderungen. So haben Schüttguthaufen oft eine ungleichmäßige Geometrie, was die Volumenberechnung erschwert. Schüttgut kann sich durch Eigengewicht oder Transport zudem verdichten, wodurch das Volumen variiert. Auch der Feuchtegehalt spielt eine Rolle: Feuchtes Material kann verklumpen und das Volumen beeinflussen.
Abhängig von der Auflösung und Präzision der Sensoren oder Messgeräte können weitere Messgenauigkeiten entstehen. Bei Staubentwicklung in Industrieumgebungen können optische Sensoren und Kameras ebenfalls gestört werden. Bei der Lagerung in Silos muss das Volumen oft über indirekte Messungen wie Druck- oder Füllstandsensoren bestimmt werden.
Etablierte Methoden zur Volumenmessung
Eine der vermutlich ältesten Methoden ist die Füllstandmessung mit Peilstäben. Dabei wird ein langer Stab – meist aus Metall oder Kunststoff – senkrecht in das Schüttgut geführt, bis er den Boden oder eine bestimmte Tiefe erreicht. Das Material bleibt an der Berührungsstelle des Stabs haften, wodurch der Füllstand sichtbar wird. Die Methode ist allerdings relativ ungenau: Schon durch Hügel oder Senken kann es zu Abweichungen kommen. Die Methode ist zudem zeitaufwendig und oft weniger genau als moderne Sensorik. Deshalb wird sie heute in industriellen Anwendungen kaum noch eingesetzt.
Da der Bedarf nach der Messung von Schüttgut schon lange besteht, haben sich verschiedene andere Methoden etabliert. Die wohl häufigste mechanische Methode besteht in der Volumenmessung: Ist die Schüttdichte bekannt, lässt sich durch Wiegen neben dem Gewicht auch das Volumen bestimmen. Anbieter wie Sick kombinieren dieses Verfahren heute mit intelligenten Systemen: Während ein Muldenkipper gewogen wird, erkennt ein Messsystem gleichzeitig automatisch Ladung und Oberkante der Laderampe des Kippers und ermittelt die Volumendifferenz. Eine Software generiert dann ein 3D-Modell der Ladung, mit dem Volumen und Gewicht der Ladung berechnet werden.

Radar und Ultraschall sehen mehr
Ebenfalls etabliert sind Radarsensoren und Ultraschall zur Füllstandmessung in Silos und Behältern. Sie basiert auf der Laufzeitmessung der reflektierten Radar- oder Ultraschallwellen. Der Füllstand ergibt sich aus der gemessenen Füllhöhe des Silos – darauf basierend lässt sich das Volumen ermitteln. Beide Methoden arbeiten berührungslos und ermöglichen eine kontinuierliche Überwachung des Füllstands. Moderne Sensortechnik macht es etwa bei den Radarmessgeräten von Vega möglich, sowohl Schüttgüter als auch Flüssigkeiten mit einem Gerät zu messen. Bei Staubbildung sind Radarmessgeräte zuverlässiger als optische Messmethoden.
Auch Ultraschall-Füllstandmessung gibt es seit langem von etablierten Anbietern wie Siemens oder Endress + Hauser. Die Geräte können ebenfalls sowohl Feststoffe als auch Flüssigkeiten messen. Sie sind günstiger als Radarsensoren, haben allerdings gewisse Nachteile in der Messgenauigkeit, etwa bei Staub und Feuchtigkeit oder bei ungleichmäßigen oder stark absorbierenden Oberflächen wie Pulverschüttgut.
Röntgenstrahlen und Computertomographie für hohe Präzision
Wenn besonders genaue Messergebnisse gefragt sind, kommt oft Röntgen- oder CT-Technologie ins Spiel. Die Füllstandmessung mit diesen Methoden basiert auf der Durchstrahlung des Schüttguts mit hochenergetischer Strahlung, um den Füllstand in Behältern oder Silos zu bestimmen. Diese Methoden werden vor allem in Spezialanwendungen eingesetzt, in denen andere Verfahren wie Radar oder Ultraschall an ihre Grenzen stoßen, etwa bei sehr dichten, mehrschichtigen oder geschlossenen Materialien. Solche Applikationen finden sich zum Beispiel in der Pharma- oder Lebensmittelindustrie. Besonders die Computertomographie ist extrem präzise, weil sie eine vollständige 3D-Analyse ermöglicht.
Für viele Anwendungen sind Röntgen- und CT-Messtechnik allerdings schlicht zu teuer. Für Röntgengeräte sind zudem Strahlenschutzvorschriften zu beachten.

Drohne und Lidar für Überblick im Gelände
Optische Verfahren zur Schüttgutmessung sind die Newcomer unter den Methoden für die Volumen- und Füllstandermittlung. Lidar (Light Detection and Ranging) nutzt dafür Laserstrahlen – das Grundprinzip ähnelt der Messung mit Radar oder Ultraschall. Mit Lidar-Messtechnik wird allerdings ein Laserstrahl in Richtung der Materialoberfläche gesendet, um die Distanz zur Oberfläche des Schüttguts zu messen. Diese Methode ist besonders präzise und eignet sich gut für große Silos, Lagerhallen oder unregelmäßige Oberflächen. Im Gegensatz zu Methoden wie Radar oder Ultraschall können Lidar-Systeme auch unregelmäßige Oberflächen wie Hügel oder Mulden in Schüttgütern verarbeiten: Hersteller wie Blickfeld bieten 3D-Lidar-Systeme an, die ein virtuelles Netz über den Bestand legen und so sehr genaue Daten erzeugen. Staub, Dampf oder schlechte Reflexion können das Lasersignal allerdings stören.
Die Füllstandmessung mit Photogrammetrie nutzt Kamerabilder, um die Oberfläche eines Schüttguts zu erfassen und daraus das Volumen bzw. den Füllstand zu berechnen. Die Methode eignet sich besonders für große Lagerflächen, Halden, Kies- und Schottergruben, Deponien oder Steinbrüche. Dafür nehmen eine oder mehrere Kameras – stationär oder auf einer Drohne – Bilder des Schüttguts aus verschiedenen Winkeln auf. Die Bilder enthalten Referenzpunkte zur späteren Skalierung.
Basierend auf den kombinierten Bildern und durch Triangulation wird eine 3D-Punktewolke oder ein Höhenprofil der Oberfläche erstellt. Das errechnete Höhenprofil wird mit einem vorher erfassten leeren Behältermodell verglichen. Das Differenzvolumen gibt schließlich an, wie viel Material vorhanden ist. Das Verfahren, das von Unternehmen wie Logxon angeboten wird, kann komplexe Geometrien und sehr große Volumen besonders effektiv vermessen. Allerdings sind gute Lichtverhältnisse erforderlich; Wind oder Staub können die Drohnenmessung erschweren.
KI optimiert die Schüttgutmessung
Kann die Füllstandmessung von Schüttgütern durch Künstliche Intelligenz (KI) verbessert werden? Ja: etwa, indem Messdaten präziser ausgewertet, Störungen besser kompensiert oder Vorhersagen für Materialbewegungen getroffen werden. Beeinträchtigungen durch Staub lassen sich zum Beispiel durch intelligente Rauschfilterung ausgleichen. Durch Datenfusion kann KI verschiedene Messmethoden kombinieren, um präzisere Ergebnisse zu liefern. Und in Kombination mit Daten aus dem Materialfluss können Messsysteme mit KI basierend auf vergangenen Verbrauchsdaten sogar berechnen, wann Nachschub benötigt wird. Entsprechende Füllstand-Prognoseplanung ist heute bereits von Anbietern wie SLOC verfügbar.
Bei Messtechnik gilt oft: Viele Wege führen zum Ziel. Ob mechanisch, optisch oder auf anderen Wegen: Meist gibt die konkrete Anwendung vor, welches Verfahren am besten geeignet ist. Sicher ist, dass Anwendungen auch bei der Messung des Volumens und der Füllstände von Schüttgütern stark von Digitalisierung und KI profitieren können. Intelligent eingesetzt, können Betreiber so mühelos verhindern, plötzlich vor einem leeren Silo zu stehen.