Pharma-Verpackungsmaschinen: Diesen Trends und Herausforderungen begegnen die aktuellen Maschinen-Lösungen
27.08.2024 Pharma Artikel

Pharma-Verpackungsmaschinen: Diesen Trends und Herausforderungen begegnen die aktuellen Maschinen-Lösungen

Die pharmazeutische Industrie befindet sich im Wandel. Innovationen in der Arzneimittelherstellung und neue gesetzliche Anforderungen stellen die Hersteller von Verpackungsmaschinen vor Herausforderungen. Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Personalisierung spielen dabei eine zentrale Rolle. Doch aktuelle Entwicklungen zeigen, wie kreativ die Maschinenbauer mit den Trends umgehen.

Faltschachtelkartonierer BoxTeq Bei Pharma-Verpackungsmaschinen sind flexible Lösungen gefragt, mit denen auch kleine Chargen wirtschaftlich hergestellt werden können. Ein Beispiel ist der Faltschachtelkartonierer Boxteq.
Falzmaschine AF-408 vom Hersteller Horizon Die Falzmaschine AF-408 ist für Beipackzettel konzipiert und kann in wenigen Sekunden umgerüstet werden.

Wenn chronisch kranke Patienten trotz optimaler Therapie noch kränker werden, ist der Grund oft erschreckend einfach: Dosen werden vergessen, Medikamente zu spät nachbestellt oder die Behandlung wird vom Patienten aus anderen Gründen abgebrochen – oft aus reiner Vergesslichkeit. Denn wir Menschen verlernen leider schneller, als wir neue Gewohnheiten etablieren können.

„Therapietreue“ – oder neudeutsch „Adherence“ und„Compliance“ sind inzwischen Begriffe, die nicht nur Ärzte und Apotheker elektrisieren. Erst recht in einer Zeit, in der digitale Hilfsmittel – vom Smartphone über die Smartwatch bis hin zu neuen „Gadgets“ – unseren Alltag immer stärker prägen.

Smarte Verpackungen unterstützen die Therapietreue

Denn mit Technologien wie RFID und NFC lassen sich nicht nur Lieferketten lückenlos nachverfolgen, sondern auch die Einnahme von Medikamenten: So bietet das US-Start-up AdhereTech intelligente Medikamentenflaschen an, die Patienten dabei helfen, ihre Medikamente korrekt und regelmäßig einzunehmen. Die Flaschen sind mit Sensoren ausgestattet, die überwachen, ob und wann ein Patient eine Dosis entnommen hat. Wird eine Dosis vergessen, erinnert die Flasche automatisch durch akustische und visuelle Signale, SMS und Telefonanrufe – und auch Ärzte und Pfleger können informiert werden.

Die „Smart Bottle“ ist nur ein Beispiel für die Bedeutung digitaler Funktionen in Arzneimittelverpackungen. Besonders wichtig sind solche Lösungen längst für temperaturempfindliche Medikamente, deren Lagerung und Transport genau überwacht werden müssen. Die Folge: Immer mehr Materialien müssen in die Verpackungslinien eingebracht und in Faltschachteln integriert werden.

Als Antwort auf diese Herausforderungen bietet beispielsweise der FACHPACK-Aussteller MM Packaging mit ComboPack eine Dienstleistung an, bei der ein Sekundärpackmittel (Flyer, Wallet, Etikett, Info- oder Promotionskarte etc.) auf eine Faltschachtel aufgeklebt wird. Mit PiggyBack löst MM Packaging ein weiteres Problem: Zwei oder drei gefaltete Packungsbeilagen werden auf der Rückseite zusammengeklebt, um mehr Platz für Informationen zu schaffen, ohne dass die Packung größer wird.

Ein weiteres Beispiel, wie mehr Informationen bzw. Informationen über die Lieferkette übermittelt werden können, liefert Faller Packaging: Der Spezialist für Sekundärverpackungen setzt Smart Labels ein, die auf druckbaren Sensoren basieren. Diese zeigen Veränderungen an, wenn sie bestimmten Einflussfaktoren ausgesetzt sind: Beispielsweise verändern sich die Druckfarben, wenn Temperaturgrenzen über- oder unterschritten werden (thermochrom) oder wenn das Medikament zu viel Licht ausgesetzt war (photochrom).

Blister-Verpackungsmaschine BS-300 von Heino Ilsemann Die Blistermaschine BS-300 erlaubt einfache und schnelle Formatwechsel.

Flexibilität gefragt

Doch nicht nur Adherence, Compliance und Covenience sind Trends, die derzeit die Entwicklung von Pharmaverpackungen prägen. Auch der Wunsch nach kleinen Losgrößen und flexiblen Produktionsmengen und -formaten wird im Zuge der Personalisierung und Spezialisierung von Arzneimitteln immer stärker. Flexibilität und Modularität sind daher zentrale Anforderungen, um intelligente Verpackungen effizient und präzise verarbeiten zu können. Diese Anforderungen erfüllt beispielsweise eine neue Top-Loading-Maschine für Vials in Tischbauweise, die Schubert-Pharma auf der ACHEMA vorstellt: Flexibilität in der Leistung, schnelle Chargenwechsel und hohe Bedienerfreundlichkeit standen bei der Entwicklung im Vordergrund.

Die individuelle Anpassung der Medikamente erfordert kleinere Produktionschargen und häufigere Umrüstungen der Verpackungslinien. Maschinen wie die kürzlich von Syntegon vorgestellte ALF 5000 V sind eine flexible Lösung für die Abfüllung hochpreisiger Produkte, die die Kombination von zwei Füllsystemen auf einer Plattform ermöglicht. Damit eignet sie sich sowohl für große Mengen als auch für Kleinstmengen. Den Wunsch nach Flexibilität und kleinen Losgrößen hat Syntegon auch bei der Entwicklung der neuen RMA, einer Maschine zur Montage von Pens und Autoinjektoren, aufgegriffen. Die platzsparende, halbautomatische Montagemaschine kommt bei klinischen Studien und Kleinserien zum Einsatz und unterstützt Pharmaunternehmen dabei, die Eigenschaften ihrer Verabreichungssysteme zu bestimmen und gemäß regulatorischer Standards zu montieren. Auch Harro Höfliger setzt bei der Montage von Medizinprodukten auf Flexibilität: Auf der Achema zeigte der Maschinenbauer ein hochflexibles Montagekonzept für wechselnde Anforderungen.

Auf der FACHPACK 2024 zeigt Heino Ilsemann eine Blistermaschine (BS-300) die einfache und schnelle Formatwechsel ermöglicht – dadurch können auch kleine Produktionschargen bei häufigen Chargenwechseln  wirtschaftlich hergestellt werden. Horizon zeigt mit der AF-408F eine Falzmaschine für Beipackzettel, die sich innerhalb weniger Sekunden umrüsten lässt: Rillwerkzeuge werden dazu automatisch positioniert. Christ Packaging Systems setzt mit dem Faltschachtelkartonierer BoxTeq ebenfalls auf Flexibilität: Die modular aufgebaute Maschine soll Formatwechsel innerhalb von 20 Minuten erlauben und damit den Wechsel zwischen Formaten, Blister, Tuben, Pouches, Vials, Spritzen und anderen Packmitteln vereinfachen.

Recycelbare Kartonverpackungen für Ampullen, Vials, Spritzen und Pens Nachhaltigkeit wird beim Verpacken von Arzneimitteln immer wichtiger.

Nicht nur Format- sondern auch Standortwechsel erlaubt die Vakuumverpackungsmaschine VSM 500-X, die MBM innovations ebenfalls auf der FACHPACK zeigt: Die semi-automatische Schlauchbeutelmaschine ist mit Saugdüsen ausgestattet, die sich automatisch an die Beutelbreite anpassen – und sorgt so für Flexiblilität.

Nachhaltigkeit als treibende Kraft

Nachhaltige Verpackungen sind keine Option mehr, sondern ein Muss. Der Druck, den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren, steigt nicht nur durch regulatorische Maßnahmen, sondern auch durch die Nachhaltigkeitsziele der Pharmaunternehmen. Als Schnittstelle zum Verbraucher spielt die Verpackung dabei eine wichtige Rolle – auch aus Imagegründen. So nutzt das von PA Consulting und PulPac initiierte Blister Pack Collective eine Dry Molded Fiber (DMF), um kunststoffarme Blisterverpackungen zu entwickeln. Namhafte Mitglieder wie Bayer oder Sanofi unterstützen das Kollektiv bereits als Mitglieder. Verpackungsmaschinen müssen in Zukunft verstärkt umweltfreundliche Materialien verarbeiten können.

Uhlmann Pac-Systeme greift das Thema Nachhaltigkeit mit seiner neuen Kartonierlinie Parenteral Tray Center PTC 200 auf: Sie verpackt Ampullen, Vials, Spritzen, Pens und andere Devices sicher in nachhaltige, recycelbare Kunststoff- oder Kartontrays sowie Faltschachteln.

Digitalisierung und Automatisierung für mehr Effizienz

Digitalisierung und Automatisierung spielen bei der Effizienzsteigerung in der Pharmaverpackung eine Schlüsselrolle. Digitale Werkzeuge wie die Serviceplattform IMA Sentinel ermöglichen die Echtzeitüberwachung von Produktionsprozessen und helfen durch KI-gestützte Datenanalyse, Fehler zu minimieren und die Effizienz zu maximieren. Solche Überwachungssysteme setzen sich in der Pharmaindustrie auch deshalb immer mehr durch, um die hohen Anforderungen der regulatorischen Rahmenbedingungen zu erfüllen.

Die Integration von künstlicher Intelligenz (KI) in den Verpackungsprozess könnte der nächste Meilenstein in der Digitalisierung von Pharmaverpackungsmaschinen sein. Zum Beispiel bei der Inspektion von Primärverpackungen. Syntegon setzt KI beispielsweise ein, um Partikel in Flüssigkeiten mit hoher Zuverlässigkeit zu erkennen.

Hygienestandards und Containment im Fokus

Dass Digitalisierung und Automatisierung auch ein Schlüssel für mehr Hygiene im Prozess sein können, hat kürzlich Bausch+Ströbel gezeigt: Maschinenmodule, in denen flüssige Medikamente völlig ohne Handschuhe steril verpackt werden. Das Maschinenkonzept mit dem Namen „Genex“ wurde speziell für kleine Losgrößen entwickelt: Einzelne Module lassen sich individuell zu kompletten Prozessketten kombinieren. Die Entwicklung zeigt, dass Flexibilität und Containment bei Verpackungsmaschinen kein Widerspruch sein müssen.

Fazit: Die Anforderungen an pharmazeutische Verpackungsmaschinen steigen. Die Hersteller von Verpackungsmaschinen reagieren darauf mit innovativen Lösungen, die auf Flexibilität, Nachhaltigkeit und Digitalisierung setzen.

Autor

Armin Scheuermann

Armin Scheuermann

Chemieingenieur und freier Fachjournalist