Automobilkonzerne: Batterierecycling in Kooperation oder im Alleingang
Die Recyclingaktivitäten der Automobilkonzerne nehmen Fahrt auf. Mercedes-Benz hat im Oktober 2024 als erster Automobilhersteller eine eigene Batterierecyclingfabrik in Europa eröffnet. Damit will das Unternehmen den Rohstoffkreislauf von Batterien schließen und die Abhängigkeit von Primärrohstoffen verringern. Die Recyclinganlage hat eine erwartete Rückgewinnungsquote von über 96 Prozent und kann wertvolle Materialien wie Lithium, Nickel und Kobalt in Batteriequalität zurückgewinnen, sodass sie für die Produktion neuer Batteriezellen geeignet sind. Das Recyclingverfahren von Mercedes-Benz kombiniert mechanische und hydrometallurgische Prozesse. Die Anlage in Kuppenheim soll eine Jahreskapazität von 2.500 Tonnen erreichen. Die zurückgewonnenen Wertstoffe fließen in die Produktion von mehr als 50.000 Batteriemodulen für neue vollelektrische Fahrzeugmodelle des Herstellers ein.
Renault geht das Batterierecycling in Zusammenarbeit mit dem Chemiekonzern Solvay und dem Entsorgungsunternehmen Veolia an. Die 2020 geschlossene Partnerschaft zielt darauf ab, eine zuverlässige und nachhaltige Rohstoffquelle für Kobalt, Nickel und Lithium zu schaffen. Die Zusammenarbeit nutzt das Know-how von Veolia bei der Demontage von Batterien und das von Solvay bei der chemischen Extraktion. Allerdings ist die Zusammenarbeit noch nicht über das Stadium einer Pilotanlage hinausgekommen, die in Frankreich errichtet wurde.
Einen ähnlichen Weg geht der Automobilkonzern Stellantis, zu dem Marken wie Opel, Chrysler, Citroën und Fiat gehören. Da die Rückgewinnung von Batteriematerialien viele Ähnlichkeiten mit Prozessen in der Nukleartechnik aufweist, kooperiert Stellantis mit dem amerikanischen Nuklearmaterial-Spezialisten Orano. Ziel des im Oktober 2023 geschlossenen Joint Ventures ist der Aufbau von Gigafactories für das Recycling von Altbatterien und Produktionsabfällen. In einer Anlage im französischen Dunkirk wollen die Partner Materialien wie Batteriemassen aufbereiten und eine Rückgewinnungsquote von über 90 Prozent erreichen.
Weitere Akteure im Batterierecycling
Nicht nur Automobilhersteller drängen auf den Zukunftsmarkt Batterierecycling. Das schwedische Unternehmen Stena Recycling hat in Halmstad bereits im Frühjahr 2023 eine Recyclinganlage für Lithium-Ionen-Batterien in Betrieb genommen, die zunächst 10.000 Tonnen Batterien pro Jahr mit einer Rückgewinnungsquote von bis zu 95 Prozent verarbeitet. Die neue Anlage ist auf die mechanische Aufbereitung spezialisiert und wird gemeinsam mit Johnson Matthey betrieben. Stena plant weitere Projekte, darunter ein Recyclingprojekt im norwegischen Ausenfjellet und Kooperationen mit dem Chemiekonzern BASF.
Über die Prototypanlage der BASF am ostdeutschen Standort Schwarzheide hatten wir bereits berichtet: Mit einer neuen Technologie will der Konzern Kobalt, Lithium, Mangan und Nickel aus den Abfällen gewinnen. Mit Blick auf den rasant wachsenden Markt für Elektrofahrzeuge soll das Batterierecycling die für die Produktion von Kathodenmaterialien relevanten Metalle wettbewerbsfähig und nachhaltig verfügbar machen.
Technik und politischer Rahmen bleiben herausfordernd
Ein weiterer interessanter Akteur ist das kanadische Unternehmen Li-Cycle. Das 2016 gegründete Unternehmen betreibt weltweit bereits mehrere Recyclinganlagen, darunter eine im August 2023 in Betrieb genommene Anlage in Magdeburg, die jährlich bis zu 30.000 Tonnen Batteriematerialien verarbeiten kann. Im November 2024 sorgte die Meldung für Aufsehen, dass Li-Cycle vom US-Energieministerium einen Kredit in Höhe von 475 Millionen US-Dollar für den Bau einer Recyclinganlage in Rochester, New York, erhält.
Die Suche großer Automobilkonzerne nach Allianzen bei der Aufbereitung von Batterien hat mehrere Gründe. Zu den wesentlichen Herausforderungen zählen die hohen Kosten für den Bau und Betrieb von Recyclinganlagen. Dies ist auf die komplexen Verfahren sowie die erforderlichen, aufwändigen Sicherheitsvorkehrungen aufgrund des Gefahrenpotenzials des Materials zurückzuführen. Ein weiteres Problem stellt die bislang fehlende einheitliche Standardisierung und Zertifizierung von Recyclingmaterialien dar, was deren Einsatz in neuen Batterien einschränkt. Denn die Anforderungen an die Qualität von Batteriematerialien sind äußerst hoch.
Auch die Politik ist gefordert: Bislang fehlen EU-weit einheitliche Standards für die Demontage und das Recycling von Batterien. Dies führt zu divergierenden Recyclingquoten und -methoden in den einzelnen Mitgliedsstaaten. Die aktuellen Regelungen geben zwar allgemeine Recyclingziele vor, es fehlen jedoch spezifische Vorgaben für die Rückgewinnung kritischer Rohstoffe wie Lithium, Nickel oder Kobalt. Darüber hinaus bestehen nur wenige rechtliche Anreize oder Verpflichtungen für Hersteller, Recyclingmaterialien in neuen Batterien zu verwenden. Zudem fehlen umfassende Systeme zur Verfolgung des gesamten Lebenszyklus von Batterien. Erste Ideen gehen in Richtung eines "Batteriepasses", um die Transparenz zu erhöhen und die illegale Entsorgung zu reduzieren. Die neue EU-Batterieverordnung, die am 17. August 2023 in Kraft trat, greift zwar einige dieser Punkte auf, von einer effektiven Umsetzung ist die Branche aber noch weit entfernt.
Recyclingverfahren für Lithium-Ionen-Batterien
Beim Recycling von Lithium-Ionen-Batterien kommen verschiedene Verfahren zum Einsatz:
- Mechanische Aufbereitung: Batterien werden zerkleinert und sortiert, um Metalle wie Kupfer, Aluminium und Eisen zurückzugewinnen.
- Pyrometallurgie: Hohe Temperaturen schmelzen die Batteriebestandteile, um Metalle wie Nickel und Kobalt zu gewinnen. Dieses Verfahren ist jedoch sehr energieintensiv und erzeugt große Mengen an Abfall.
- Hydrometallurgie: Chemische Prozesse bei niedrigen Temperaturen gewinnen Metalle aus der "schwarzen Masse". Diese Methode ist energieeffizienter und ermöglicht höhere Rückgewinnungsraten als die Pyrometallurgie.
Kombinierte Verfahren aus mechanischer Aufbereitung und Hydrometallurgie setzen sich derzeit gegenüber der Pyrometallurgie durch, da sie eine höhere Reinheit und Energieeffizienz bieten.
Fazit
Das Recycling von Batterien für Elektrofahrzeuge nimmt Fahrt auf. Immer mehr Automobilkonzerne sehen in der Batteriekreislaufwirtschaft den Schlüssel zur Sicherung der eigenen Rohstoffversorgung. Aber auch Recycler und Chemiekonzerne wittern ihre Chance, denn der Bedarf steigt und wird sich in den nächsten fünf Jahren vervielfachen.