Gegenwind auch für die Lithiumgewinnung Zinnwald
Auch andere Projekte zur Lithiumgewinnung bekommen immer mehr Gegenwind aus der Bevölkerung: die Zinnwald Lithium GmbH beispielsweise, die aufgrund neuer Bohrungen im Juni 2024 vermeldet hatte, dass das Vorkommen größer sei als erwartet. Eine jährliche Produktion von bis zu 18.000 Tonnen Lithium sei möglich. Zinnwald Lithium hat bei der EU-Kommission die Einstufung als strategisches Projekt entsprechend des neuen Critical Raw Materials Act (CRMA) beworben. Damit käme es auf die Überholspur – das Genehmigungsverfahren müsste innerhalb von 27 Monaten abgeschlossen werden. Dagegen gehen Bürger auf die Barrikaden. Sie bezweifeln, dass angesichts eines geringen Lithiumgehalts des Erzes ein wirtschaftlicher Betrieb ist und fordern eine Machbarkeitsstudie. Das Unternehmen indes will 2025 das Genehmigungsverfahren starten. Doch noch steht auch die Finanzierung nicht.
An einem zweiten Standort in Sachsen – Altenberg und Falkenhain – ist ebenfalls eine Produktionsanlage zur Lithiumhydroxid in Planung. Getrieben von Deutsche Lithium, einer AMG-Tochter.
Bereits erste Lithiumhydroxid-Mengen aus dem Industriepark Höchst
Bei der Gewinnung von Lithium mit dem Geothermieverfahren, wie es Vulcan anwendet, sieht es deutlich besser aus. Es geht beinahe wie geplant voran. Im August 2024 begann das Unternehmen mit der Inbetriebnahme seiner Zentralen Lithiumelektrolyse-Optimierungsanlage (CLEOP) im Industriepark Höchst. Seit November wandelt sie Lithiumchlorid aus der Förderung in Landau in batteriefertiges Lithiumhydroxid-Monohydrat (LHM) um. Die erste kommerzielle Anlage soll nach der Optimierung des Prozesses erfolgen. Damit würde Vulcan die Produktionskette der Herstellung von LHM aus europäischem Lithium komplett in Europa als erster Produzent vollständig schließen. Erste Mengen aus der Optimierungsanlage gehen zur Validierung an die Batterie- und Automobilindustrie, unter anderem an Stellantis, Renault, LG und Umicore. In Hessen sind nun bereits weitere Pilotprojekte zur Geothermie-Lithiumförderung in Planung.
Für Fortschritte in der Lithiumextraktion könnte eine neue Technik des US-Unternehmens Lilac Solutions sorgen. Sie soll mehr als 90 Prozent des Lithiums aus Sole gewinnen können. Das Unternehmen versucht, rund um den Globus Kunden dafür zu gewinnen. Die Technik setzt Ionenaustauscher-Keramikperlen ein, um das Lithium in Batch-Zyklen zu extrahieren und es anschließend wieder auszuwaschen.
Auch AMG Bitterfeld ist bereits lieferfähig
Einen Meilenstein erreichte AMG (Advanced Metallurgical Group) im September 2024: In Bitterfeld nahm das Unternehmen das erste von fünf Modulen seiner Lithiumhydroxid-Raffinerie, die erste Europas, das jährlich 20.000 Tonnen Lithiumhydroxid für rund 500.000 Elektroautos produzieren kann, in Betrieb. Bis 2030 könnten die weiteren Module in Betrieb gehen. Mit einer potenziellen Produktion von 100.000 Tonnen Lithiumhydroxid würde AMG rund 14 Prozent des prognostizierten europäischen Marktes halten. Allerdings gewinnt AMG den Rohstoff, das Lithium-Mineral Spodum in einer Mine in Brasilien. Dennoch würde das Unternehmen einen beachtlichen Beitrag zur Versorgungssicherheit in Europa leisten.
Weitere Lithiumraffinerien entstehen in Finnland, Slowakei und Großbritannien
Die zweite Lithiumraffinerie Europas soll noch 2026 in Kokkola, Finnland, in Betrieb genommen werden. Dort wird lokal gewonnenes Spodumen-Konzentrat verarbeitet. Die Anlage ist Teil des Projekts Keliber, Teil von Sibanye-Stillwater. Bis zu 15.000 Tonnen batterietaugliches Lithium-Hydroxid könnten dort künftig entstehen. Ebenfalls für 2026 angekündigt ist die Inbetriebnahme einer Lithiumraffinerie (Volt Resources) in der Slowakei sowie in Großbritannien (Green Lithium). Letztere ist auf ein Produktionsvolumen von ca. 50.000 Tonnen Lithiumhydroxid pro Jahr ausgelegt.
Zudem wird das französische Emili-Projekt von Imerys weiter vorangetrieben – wobei zunächst weitere Umweltverträglichkeitsstudien im Mittelpunkt stehen. Ein neuer Standort für die Verladestelle wird geprüft. Auch ein reduzierter Chemikalieneinsatz wird versprochen, um die Öffentlichkeit von der Nachhaltigkeit des Projekts zu überzeugen. Bis Ende des Jahrzehnts will das Unternehmen am Standort Beauvoir in Zentralfrankreich sowie in Cornwall, Großbritannien, mit dem Lithiumabbau beginnen.
Wird auch Spanien Lithiumproduzent?
Ungewiss ist dagegen der Beginn der Lithiumproduktion in Spanien. In der Region Extremadura plant zwar das Unternehmen Extremadura New Energies den Abbau. Die Genehmigung für das Projekt steht jedoch noch aus – und stößt auf erheblichen Widerstand. Ob es jemals umgesetzt werden kann, ist – ähnlich wie in Serbien – fraglich.
Konkrete Produktionsstätten sind demnach noch dünn gesät – und nicht alle angedachten Projekte werden wie geplant in Betrieb gehen. Dennoch zeigt die Vielfalt und Anzahl der Projekte, wie aktiv in Europa daran gearbeitet wird, die wachsende Elektromobilitätsbranche mit Lithiumhydroxid zu versorgen – und das weitgehend autark aus europäischen Lieferketten.